Osterhasen sind das geheimnisvollste und wildeste Volk Óviolúlyes. Schließlich sind sie die Piraten, Briganten und Outlaws des Landes. Sie leben überall und nirgends - es gibt Clans in den Elwenwäldern, in den Sanften Hügeln, auf dem Meer und sogar einige wenige im Ryéb'hatyár. Manche meinen gar, die verhüllten Nomaden der Wüste seien keine Menschen, sondern ein Osterhasenclan, der zur besseren Tarnung sogar den Dudelsack zugunsten der quietschig-schrammelnden einsaitigen Laute aufgegeben hat. Der musikalische Aspekt mag stimmen, aber wenn die langen Osterhasenohren unter dem Turban versteckt wären, könnten die Nomaden sicher kaum noch etwas hören, und mit den kräftigen Hinterläufen auf dem Pferd zu sitzen dürfte auch etwas schwierig werden.
Nun, wie dem auch sei - fest steht, dass Osterhasen Meister der Tarnung sind. Sie scheinen sich unsichtbar machen zu können - niemand weiß, ob mit Magie oder einfach dadurch, dass sie große, schwarze Sonnenbrillen aufsetzen und unschuldig pfeifen. Jedenfalls treten sie nur in Erscheinung, wenn sie es wollen - in der Regel heißt das: wenn sie einen Helden gefangennehmen, um dann, wenn er sich wie erwartet angesichts der drohenden Folter tapfer gezeigt hat, zu beschließen, ihn in seiner Queste zu unterstützen. Denn natürlich stehen Osterhasen auf der Seite des Guten.
Sie sind aufgerichtet etwa so groß wie ein Mensch, haben weiches, meist braunes oder graues Fell, lange Ohren, die ihr besonderer Stolz sind, gepflegt und mit Ohrringen und Hühnerfedern geschmückt werden, und ein weißes Puschelschwänzchen.
Kleidung tragen sie nicht - aber sie tragen ihren Dudelsack.
Der Dudelsack ist das identitätsstiftende Instrument der Osterhasen. Mit der rituell gefeierten ersten Dudelsackstunde beginnt für ein junges Osterhäschen das Erwachsenenleben. Nur die harten Hasen überstehen die zahlreichen Prüfungen (Dudelsack spielen, während man mit einem Rucksack voller Steine einen Fluss überquert; ununterbrochenes Spielen über drei Tage; eine Woche lang dem schlechtesten Spieler des Clans zuhören etc.) und bekommen schließlich nach ihrem ersten Kampf oder der ersten erfolgreichen Jagd ihren eigenen Dudelsack verliehen.
Kämpfe und Jagden gibt es genug. Zwar sind Osterhasen Vegetarier - um genau zu sein, leben sie streng vegan - aber natürlich brauchen sie die Eier, und die müssen unter großer persönlicher Gefahr von den aggressiven wilden Hühnern Óviolúlyes erbeutet werden. An Kämpfen hingegen mangelt es aus dem Grund nicht, dass die Clans immer irgendetwas finden, weshalb sie großangelegte Fehden gegeneinander führen können. Ob es dabei darum geht, dass der Windhopser-Clan seine Eier eine Pfotenbreite zu weit in das Gebiet des Mutnäschen-Clans gelegt hat oder dass irgendwer der Mutnäschen die Ohren der Tochter des Clanhäuptlings der Windhopser als "schlabbrig" bezeichnet hat, ist ziemlich egal. Hauptsache, man kann sich prügeln, bestehlen und sonstige Heldentaten vollbringen.
Über die Sache mit den Eiern herrscht nach wie vor Unklarheit. Es ist bis heute noch keinem noch so opferbereiten Wissenschaftler (in Óviolúlye steht nicht umsonst "blauäugig" synonym für "wissenschaftlich") gelungen, herauszufinden, warum Osterhasen die Dinger überall verstecken. Was neben dem geringen Interesse der Osterhasen selber, irgendwem von ihren geheimen Ritualen zu erzählen, auch daran liegen könnte, dass die Verständigung grundsätzlich schwierig ist, weil Osterhasen überhaupt keine Lautsprache haben. Nun ja, eine Lautsprache eigentlich schon, denn das Dudelsackspielen hat für sie nicht nur rituelle Gründe, sondern transportiert auch Botschaften. Und das ist leider sogar sehr laut. Aber ansonsten sprechen sie entweder über Ohrenwedeln oder aber gar nicht miteinander. Meist gar nicht.
Um nun auf die Eier zurückzukommen - Fakt ist, dass die Osterhasen sich selbst stolz als das "Auserwählte Volk" bezeichnen, und dass sie zweifelsohne Gaá'kka besonders verehren. Irgendwie hat sie also ihre Finger im Spiel, und das Eierverstecken ist entweder ein besonderes Opferritual oder der etwas hilflose Versuch der Hühnergöttin, sich in der Welt etwas wichtiger zu machen.
Vielleicht sind die Osterhasen aber auch einfach nur völlig durchgeknallt.
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